Ansichten über den Umgang mit Diven II

In meinem Moderationsworkshop gibt´s auch einen Teil „Umgang mit schwierigen TeilnehmerInnen“. Neben Clowns und VielrednerInnen ist die Diva am unbeliebtesten. Ich habe schon vor kurzem dazu einen Blogbeitrag geschrieben. Da der Leidensdruck aber offenbar noch größer ist als vermutet, habe ich Kolleginnen gefragt, wie denn sie mit SelbstdarstellerInnen umgehen.

Empathie

Meine Kollegin Tina Baumgartner ist Workshopleiterin, Moderatorin und Sprecherin. Sie engagiert sich in der Initiative für mehr Achtsamkeit und Selbstmitgefühl in Österreich. Ihr Ansatz ist ein empathischer: Sie empfiehlt, mit dem Herzen hinzuschauen: „Welches Bedürfnis versucht diese Person durch ihr Verhalten zu befriedigen, welche tiefen Sehnsüchte oder gar Verletzungen stecken vielleicht dahinter? Und falls das Verhalten dieser Person die Gruppe stören sollte, so kann ich abwägen: Entweder ich vertraue auf die Selbstregulierungskraft der Gruppe, oder ich greife sanft steuernd ein, ohne dass die betreffende Person ihr Gesicht verlieren muss. Ich kann zum Beispiel einen Vielredner dazu einladen, andere Standpunkte anzuhören. Dabei kann ich mich so positionieren, dass ich als Trainerin einen ausgewogenen Austausch in der Gruppe für wichtig erachte.“

Was bringt uns die Diva?

Parissa Yazdani, Trainerin und HR-Leiterin einer Kanzlei für Wirtschaftsrecht, lädt dazu ein, darüber nachdzudenken, wie wichtig die Diva für die Gruppe ist: „Welchen Input bringt sie ein, welcher Output kann dadurch generiert werden? Denn wenn es nicht um die Profilierung des/der TrainerIn geht – Hand aufs Herz – dann ist es häufig nicht nur zielführend, sondern wirklich extrem wertvoll der Diva immer wieder die Bühne zu überlassen und sich selbst zurückzunehmen.“

Film-Diven

Wer von Berufs wegen mit vielen Diven zu tun haben müsste, ist die Regisseurin Mirjam Unger. Ich habe sie gefragt, wie sie mit solchen  – vermeintlich? – schwierigen Zeitgenoss*innen umgeht: „Viele Diven, die ich kennengelernt habe, sind in Wahrheit Menschen mit einem übergroßen Talent. Sie tun sich zunächst schwer, sich in eine Gruppe einzugliedern. Wenn man aber ihre „Außer-Gewöhnlichkeit“ wahrnimmt und wertschätzt, dann arbeiten sie gerne im Team. Sie sind dann auch bereit, andere glänzen zu lassen. Hilfreich im Umgang mit Diven sind übrigens „emotionale Blitzableiter“. Bei uns im Filmgeschäft sind das oft die Masken- oder Kostümbildner*innen. Sie fangen bereits einen Großteil der Empfindlichkeiten ab.“

Kreative Energie nützen

Bettina Haller – meine absolute Empfehlung für „kritische Besprechungen“ – geht vom Moment aus: „Ich arbeite mit dem Hier und Jetzt und adaptiere mit Fokus auf Arbeitsfähigkeit. Ich denke, kein Mensch ist immer eine Diva. Kein Mensch ist immer konstruktiv. Was ich mit schwierigen (und alleine dieses Etikett ist oft von meiner eigenen Tagesverfassung abhängig 😉) TeilnehmerInnen lieber mache: Anschauen, verstehen, was sie gerade brauchen, um gut arbeiten zu können. Und ihre immer vorhandene kreative Energie im Anschluss für den Arbeitsprozess nutzen.“

Mein Fazit

Würdigen Sie das besondere Talent der Diva – wenn geht vor der Besprechung! Geben Sie ihr das Gefühl, wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden. Und dann lenken sie ihre Energie auf Ihr gemeinsames Ziel!