
Volltanken bitte – eine Nachlese und -schau zum Kreativ-Frühstück am 23.10.
Wie wir unseren kreativen Speicher nachhaltig füllen.
Die ersten Gäste kommen schon um 8.45h (🙈), da rücke ich im oberen Stock des Café Edison noch die Stühle zurecht. Bald ist kaum mehr ein Platz frei. Das Thema „Wie wir unseren kreativen Speicher füllen“ scheint für viele Werber:innen relevant!
Auf der Bank neben mir nimmt die Kunsttherapeutin und Künstlerin Maga. Dina Gerersdorfer Platz. Als ex-Werberin – sie hat bei Mark & Nevosad und anschließend fast drei Jahrzehnte als selbständige Art Directorin für namhafte Kund:innen wie Erste Bank, MedUni Wien oder BMG Ariola gearbeitet – kennt sie die Herausforderungen des Berufes nur zu gut.
Sind Werber:innen Künstler:innen?
Dina Gerersdorfer meint: „Sowohl als auch. Kreative sind oft sehr sensitive Menschen, die viel fühlen und wahrnehmen. Sie schaffen oft in kurzer Zeit mehr als andere, darum powern sie sich gerne aus. Viel mehr stellt sich die Frage, was Kunst selbst ist. Der Großteil der Werber sind vermutlich Künstler:innen. Dass man jedoch Werbung nicht als Kunst bezeichnen kann. Werbung kann Kunst sein. Muss aber nicht.“ Dies erzeugt eine kleine Diskussion, in der unter anderem von Deadline als Inspirator und alles andere als Kunst gesehen würde. Einige Teilnehmende erzählen, dass sie Werbung und Kunst in ihrem eigenen Leben trennen. Sehr wohl aber auch Kunst ‚machen‘.
Glück oder Unglück?
Wir diskutieren darüber, ob die Inspiration eher durch Glück oder Unglück angeregt wird – immerhin gibt es viele große Künstler:innen, die depressiv waren (Amy Winehouse, Kurt Cobain, Georg Trakl, VanGogh, Frieda Khalo…) Die Kunsttherapeutin meint dazu, dass Unglück durchaus ein Antrieb sein könne, allerdings nicht lange. „Es ist wichtig, Ressourcen zu haben, um nicht ausgepowert zu werden und in ein Burn out zu schlittern. Dafür ist es gut sich selbst und seine Kraftquellen und Möglichkeiten sich zu entspannen und zu erholen zu kennen.“
Ebenso der Stress – viele von uns kennen ja das Gefühl, dass einen die näher rückende Deadline durchaus kreativ anspornt. Kurzfristig funktioniere das gut, meint Dina, aber langfristig brenne langanhaltender Stress jeden von uns aus.
Disziplin oder kreatives Chaos?
Während die Ikone der künstlerischen Inspiration, die Autorin Julia Cameron (Der Weg des Künstlers), auf Disziplin setzt, sagt Dina, es käme meist auf die Persönlichkeit an. Wichtig sei jedoch – und das sagt auch Julia Cameron – den inneren Ballast zu orten und ihn loszuwerden. Während Cameron auf das Schreiben von täglichen Morgenseiten (jeden Tag 3 Seiten Freewriting – quasi auf nüchternen Magen) setzt, empfiehlt Dina regelmäßige sowie spontane Achtsamkeitsübungen und zumindest kleine ‚Auszeiten‘ zwischendurch, aus denen wieder neue Ideen wachsen können. (Einige Übungen haben wir unten angeführt.)
Wichtig ist es auch zwischendurch vom Perfektionismus loszulassen, sich zu erlauben in Fehler zu tapsen. Auch dafür empfiehlt Dina diverse Übungen. „Fehler machen entspannt und Entspannung tut der Kreativität langfristig gut. Oft entstehen gute Ideen erst, wenn man kurz vom Wunsch einer raschen Lösung losgelassen hat.“
Im Moment sein – sich und seine Bedürfnisse „spüren“.
Soll Kreativität fließen, ist es wichtig, sich zu fühlen, präsent zu sein. Bewusst wahrnehmen, was da ist – im Jetzt. Das kann durch eine Meditation, ein Tänzchen, einfach nur durch kräftiges Ausschütteln oder Spazieren gelingen. Oder auch ein gutes, gesundes, bewusst genossenes Frühstück (Das im Edison ist übrigens nicht nur gut, sondern auch bio 😉) „Es ist, wie Körper und Geist zusammenarbeiten und wie der Körper (auch) die Stimmung bestimmt.“ Oder – und da durften wir in Dina Gerersdorfers Glückssackerl blicken – sich in eine erfreuliche Stimmung zu versetzen. (Das Glückssackerl enthält Stichworte, die bei uns angenehme Gefühle hervorrufen.)
Teamplayer oder One(wo)man-Show?
Auch das sei eine Frage der Persönlichkeit. Viele im Raum haben die Erfahrung gemacht, dass man im Team schneller zu Ideen komme, aber die Ausarbeitung derselben, dann eher „im stillen Kämmerlein“ besser funktioniere. Einig waren wir uns darin, dass der regelmäßige Austausch mit Gleichgesinnten eine wichtige psychohygienische Wirkung hat!
Erhaltungsarbeit
Nur wer sich regelmäßig AUS-Zeiten (mit Betonung auf „AUS“) nimmt, kann den inneren Künstler, die innere Künstlerin gesund erhalten. Was zunächst banal klingt ist in Zeiten der steten Erreichbarkeit bzw. unserer online-Gewohnheiten schon eine Aufgabe, der wir uns bewusst stellen müssen.
Lobe das künstlerische Kind, sei ehrlich mit den Fortgeschrittenen
Je „unerfahrener“ man in seiner Tätigkeit ist, umso eher braucht das kreative Ich positive Bestärkung, Feedback dahingehend was bereits gut ist. Erfahrene Kreative (zumindest jene, die sich bei uns zu Wort gemeldet haben) schätzen die ehrliche Kritik. Immer auf das Werk bezogen, nie auf die Person.
Zusammenfassend formulierte ich es so:
Kreativität braucht keine „Drogen“ – sondern gesundes „Futter“
- Regelmäßige Auszeiten – mit Betonung auf „aus“!
- Regelmäßiger Austausch mit Gleichgesinnten
- Regelmäßig was Neues sehen/machen/ è schule deine Sinne
- Regelmäßig die Sau rauslassen
- Morgenseiten oder „Gehirnentleerung“
- Vertraue dir selbst bzw. dem Prozess
- Umarme das Unperfekte
- Die Schönheit liegt ganz oft im Detail. Eine geschulte Wahrnehmung macht glücklich.
Und Glück macht kreativ, bzw. macht Kreativität glücklich 😊
Das Frühstück hat uns jedenfalls allumfassend gut genährt: ein gutes bio-Frühstück, gute Gespräche in einer wertschätzenden Umgebung, die Lust auf Austausch auf Augenhöhe gemacht hat.
Lesetipps
- Christin Neff und Christopher Germer, Selbstmitgefühl – das Übungsbuch
- Julia Cameron, der Weg des Künstlers
- Anne Lamott, Bird by Bird
- Natalie Goldberg, Writing Down the Bones: Freeing the Writer Within (danke an Maria Pflug-Hofmayer für diesen Tipp)
Und viel Spaß mit den wunderbaren Fotos von Sunla Mahn




































































